Ebbes Schwäbisch's em November 1994

Wert und Würde der Frauen bei unseren Vorfahren
Siegfried Bachmann
Freitag, 11. November 1994, Gemeindebücherei Unterhausen

Aufschlußreiches und Anregendes zum Thema Gleichberechtigung

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Lichtenstein. (ghv) Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Gleichberechtigung der Frau enthielt der Vortrag von Siegfried Bachmann, mit dem er am vergangenen Freitag auf Einladung des Lichtensteiner Geschichts und Heimatvereins seine Zuhörer in der Gemeindebücherei fesselte.

Bachmann, in Lichtenstein längst kein Unbekannter mehr, hatte sich bereits als Autor zweier Vorträge über die "Herkunft der Schwaben" und über die "Gemeinsamkeiten der Schwäbischen und Englischen Sprache" aufgrund seiner exzellenten Kenntnis nicht nur der schwäbischen Geschichte ein Renommee als Völkerkundler und Sprachforscher erworben. Bereits nach seinem zweiten Vortrag deutete der Bad Uracher Studienrat dem Geschichts und Heimatverein gegenüber an, er wolle sich demnächst einmal mit dem Thema Frauen in der Geschichte unserer Vorfahren auseinandersetzen.

Vorbild Südsee

Den Anstoß für den Vortrag gab ein Zeitungsartikel, in dem von absoluter Gleichberechtigung der Geschlechter auf einer Südseeinsel die Rede war. Dort seit Menschengedenken bereits eine Selbstverständlichkeit, mußte die Frau in unseren Breiten ihre gesellschaftliche Gleichstellung erst (wieder) erkämpfen. Man(n) mag sich selbst ein Bild darüber machen, wie weit diese Bemühungen vor allem was berufliche Gleichstellung angeht am Ende des 20. Jahrhunderts vorangeschritten sind. Weit fortschrittlicher dachten unsere damals noch heidnischen Vorfahren in der Zeit um Christi Geburt.

Kampfentscheidend

Mit Zitaten aus der antiken Literatur belegte Bachmann in seinem neuesten Referat sehr eindrucksvoll, daß die Stellung der Frau bei unseren Vorfahren, die als kriegerische Nomaden lebten, wesentlich höher eingestuft war als sie es in späteren Zeiten sein sollte. Wie Tacitus in "Germaniae" - dem einzig bekannten antiken Werk über unsere Vorfahren - berichtete, waren die Frauen in der damaligen Zeit hochgeschätzt. Die Ehe, als streng monogam ausgerichtete Zweierbeziehung, galt damals als heilig. Ehebruch wurde für beide Geschlechter gleich streng bestraft. Dabei verstand frau sich durchaus nicht als Heimchen am Herd, sondern unterstützte die Männer im Kampf, anfeuernd, versorgend und die Verletzten pflegend. Darüber hinaus kam den Frauen noch eine ganz besondere Bedeutung zu: Noch heute zeugen Namen wie Gudrun (Gudrun: Gu(n)d = Kampf, run = Runen) von Fähigkeiten, aus den Runen zu lesen und den richtigen Zeitpunkt für eine Schlacht vorherzusagen. Bei Caesar ist im "Gallischen Krieg" nachzulesen, wie sehr den römischen Feldherrn diese Fähigkeit beeindruckte. Bei einer entscheidenden Schlacht gegen die vorrückenden Germanen verlegte er sogar seine Taktik, um dem vorausbestimmten Termin zuvorzukommen.

Biblische These nicht haltbar

Was war nun Ursache dafür, daß die ehemals starke Position der Frau im Laufe der Jahrhunderte immer mehr an Bedeutung verlor? Als nicht haltbar und keinesfalls im Einklang mit dem Christentum sei der aus der Bibel abgeleitete, dem Manne untergeordnete Wert der Frau. Als ausgebildeter Theologe sehr bewandert auch in der hebräischen Sprache gab Bachmann eine eigene Auslegung der Schöpfungsgeschichte. Danach war Adam nicht der erste Mann sondern das erste menschliche Wesen (hebr.: Adàm) das von Gott geschaffen wurde. Auch die Erschaffung der Frau aus einer Rippe des Mannes ist für ihn eine falsche Interpretation der Genesis. Die vollständige Zweiteilung des ersten, geschlechtlich noch unspezifischen Wesens und die Ergänzung der beiden Hälften erst führte zu Mann und Frau als gleichberechtigte Partner. Auch an keiner anderen Stelle in der Bibel gäbe es Hinweise auf eine zweitklassige Rolle der Frau. Im Gegenteil, war doch Jesus selbst der erste Rabbi, der sich deutlich und offen für die Frauen einsetzte.

Wie kam es nun zu dieser Etablierung des Patriarchats, das die Frau immer mehr in die Unterdrückung drängte, die im Zeitalter der Hexenprozesse ihren ersten blutigen Höhepunkt fand? Welche Rolle spielte dabei die klerikale Lehre? Wer Siegfried Bachmann kennt, weiß, daß es nur mehr eine Frage der Zeit für den vielbeschäftigten Autor ist, Ursachenforschung zu betreiben um auch auf solch unbequeme Fragen Antworten zu finden. Antworten, die einigen selbstherrlichen Mitmenschen sicher nicht unbedingt schmecken werden. Auch heute noch gilt, was unsere Vorfahren längst erkannten: ein bedeutender Mann ist nur so groß wie die Frau an seiner Seite.

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