Pressestimmen

 

Reutlinger Generalanzeiger:
Pfullingen/Eningen/Lichtenstein / 30.10.2004

Reutlinger Generalanzeiger

Wirtshausgeschichte(n) - Aus »wertlosem« Steinhügel Schmuckstück gemacht. Lichtensteiner Lokalitäten 

Aufs Dachwasser angewiesen

VON GERT LINDEMANN 

LICHTENSTEIN. Der Unterhausener Maurermeister Jakob Reiff, er lebte von 1808 bis 1883, verließ 1840 das Echaztal und gründete als einer der ersten Aussiedler ein landwirtschaftliches Anwesen auf einem damals ziemlich wertlosen Steinhügel auf der wasserlosen Hochfläche, nahe der ehemaligen Burg Stahleck. Und gut 20 Jahre später begann er dort Getränke auszuschenken - die Geburtsstunde des »Stahlecker Hofs«. Mit dieser Geschichte endet übrigens die kleine GEA-Serie mit Lichtensteiner Wirtshäusern aus dem Archiv der rührigen Hobbyhistoriker vom Lichtensteiner Geschichts- und Heimatverein.

Im Beruf weit herumgekommen, schien er ein Mann mit Ideen und ein schwäbischer Tüftler gewesen zu sein, der nicht gerne ausgetretene Wege ging. 

In Ohnastetten führte er den Schulerweiterungsbau aus und machte sich einen Namen durch seine Kenntnisse im Orgel- und Uhrenbau. Am 26. September 1861 wird Jakob Reiff gegen eine Gebühr von 15 Gulden vom Oberamt in Reutlingen eine »Concession für die persönliche Berechtigung zum Wein- und Obstmost-Ausschank« erteilt. Allerdings enthielt die Genehmigung auch gleich den mahnenden Hinweis »daß sich das Oberamt vorbehalte, diese Concession zurückzunehmen«, sobald Reiff Gäste »über die Polizeistunde bewirthen, anderen übel berüchtigten Personen Unterschlupf und Trinken« gebe. 

Das Reiffsche Anwesen verfügte nicht über eine Quellfassung, war also auf »Dachwasser angewiesen«. Die anhaltende Trockenheit in den Sommermonaten machte Reiff auch wohl sehr zu schaffen.

emptypixel.gif (43 Byte) Jakob Reiff, der 1840 den Stahlecker Hof gründete mit seiner Frau Katharine (Foto: Archiv GHV)
Vielseitiger schwäbischer Tüftler mit dem Mut, ausgetretende Pfade zu verlassen: Jakob Reiff, der 1840 den Stahlecker Hof gründete mit seiner Frau Katharine (Fotos: PR)

Sein Sohn bekundet 1905 in einem Gesuch die Absicht, »von den Quellen im Brudergärtle abzweigend« eine Wasserleitung zu erbauen zur Versorgung des Stahlecker Hofes mit dem notwendigen Wasser und erlaubt sich, »den Verehrl. Gemeinderat um die Genehmigung zur Quellenfassung und Rohrlegung durch das Gemeindeeigentum, wie dies auf beiliegendem Plane ersichtlich ist, zu bitten«. Die Begründung klingt recht plausibel, wenn Reiff anführt: »Im Sommer in der großen Hitze, gerade wenn man es am nötigsten brauchen würde, geht dann meistens das schlechte, mitunter mit Jauche vermischte Wasser aus.«  

Gemeinderat war nicht behilflich 

So zweifelte er auch nicht daran, »daß der Verehrl. Gemeinderat mir zur Erreichung der Wohltat, welche mir gutes Wasser bringen wird, behilflich sein und meine Bitte nicht abschlagen wird«. Doch der Wirt hatte die Rechnung ohne die Räte gemacht: Erst 1954 wurde eine Wasserleitung gelegt.  

Immerhin erhielt sein Enkel, Jakob Reiff, am 4. April 1906 vom Oberamt Reutlingen die Genehmigungsurkunde zum »Bau eines 15,40 m langen und 10,20 m breiten Wohn- und Ökonomiegebäudes auf Parz.1768/4 auf Hof Stahleck, Gde. Unterhausen«. Inzwischen Gutsbesitzer, erhielt er am 2. November 1908 die Erlaubnisurkunde zum »Ausschenken von Wein, Bier, Obstmost, Branntwein, Milch und Kaffee«. Am 7. Juni 1909 wurde die Genehmigung des Ausschankes auf den anstoßenden Garten ausgedehnt. Im Oktober 1941 muss der Gaststättenbetrieb zunächst bis 30. April 1942 vorübergehend geschlossen werden. Diese Verfügung wird mehrmals ergänzt.

Jakob Reiff mit seiner Frau Judithe (geb. Betz) vor dem Anwesen Anfang der Dreißiger Jahre. (Foto: Archiv GHV)
Der Enkel des Pioniers: Jakob Reiff mit seiner Frau Judithe (geb. Betz) vor dem Anwesen Anfang der Dreißiger Jahre.

Nach dem 2. Weltkrieg, 1949, stellt das Landratsamt fest, dass es sich um ein persönliches Wirtschaftsrecht handele. Ein Fristenverlängerungsgesuch war nämlich am 25. Oktober 1948 von »Frau Luise Feucht geb. Reiff« unterschrieben worden. Das persönliche Wirtschaftsrecht konnte bisher nicht erlöschen, weil der Krieg rechtlich noch nicht beendet war. Am 23. August 1950 erhielt dann Hermann Feucht wieder eine Schankerlaubnis. Seit 1. Januar 1971 ist Hans Feucht, ein Ur-Ur-Enkel von Jakob Reiff, Inhaber vom »Stahlecker Hof«. In den Jahren 1956/1960 und zuletzt 1984 wurde die Gaststätte umgebaut. (GEA)

emptypixel.gif (43 Byte)
pfeilba.gif (56 Byte)     zurück

zum Seitenanfang     pfeilup.gif (58 Byte)

pfeilba.gif (56 Byte)     zur Hauptseite
Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein e.V., Ludwigstraße 8, 72805 Lichtenstein