Pressestimmen

 

Reutlinger Generalanzeiger:
Pfullingen/Eningen/Lichtenstein / 10.11.2015

Reutlinger Generalanzeiger

Gemeindeentwicklung - Alter Oberhausener Friedhof soll umgestaltet werden. Bürger sind gefragt
 

Neue Ideen für den alten Friedhof

VON MAGDALENA KABLAOUI

LICHTENSTEIN. »Die Örtlichkeit ist schön, hat Parkcharakter. Wie kann man mehr daraus machen?« Um eine »würdige, angemessene Folgenutzung« ging es Bürgermeister Peter Nußbaum beim »Starterprojekt Alter Friedhof Oberhausen«. An der Neugestaltung im Rahmen des Gemeindeentwicklungskonzepts sollen die Bürger nicht nur am Rand beteiligt sein, sondern ihre Ideen verwirklichen können.

Wie geht es mit dem Oberhausener Friedhof weiter? Antworten darauf sucht die Lichtensteiner Gemeindeverwaltung gemeinsam mit den Bürgern. FOTO: Magdalena Kablaoui
 

»Wir haben keine fertigen Vorschläge, sondern hören zu, was Sie sich überlegt haben«, erklärte Sigrun Hinderer vom Ortsbauamt der Gemeindeverwaltung. Zuvor war sie auf die Geschichte des Friedhofs an der Nebelhöhlestraße eingegangen, der 1836 angelegt worden war und Mitte der 1950er-Jahre vom Gemeinderat geschlossen wurde wegen der umliegenden dichten Bebauung, des immer größeren Verkehrsaufkommens, das durch die Leichenzüge behindert wurde, und der fehlenden Leichenhalle.

Doch obwohl da Ober- und Unterhausen bereits seit 25 Jahren eine Gemeinde waren, wehrten sich etliche Oberhausener gegen die Schließung und die Bestattung ihrer Angehörigen auf dem Unterhausener Friedhof. Im Sommer 1956 gab es ein Bürgerbegehren mit 671 Unterschriften, um die Schließung durch den Gemeinderat aufzuheben. Wegen etlicher ungültiger Stimmen wurde die Mindestanzahl der erforderlichen Unterschriften knapp verfehlt. »Ein frühes Beispiel von Basisdemokratie«, bewertet Sigrun Hinderer das Bürgerbegehren heute. »Und sehr ungewöhnlich für diese Zeit.« Wegen einiger Ausnahmegenehmigungen konnte ganz vereinzelt noch bis 1971 auf dem Oberhausener Friedhof bestattet werden.

Dieter Bertsch ist ein »urwüchsiger Oberhausener« und hat für den Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein zum Oberhausener Friedhof recherchiert. Als Sechs- bis Siebenjähriger nahm er noch an den Beerdigungen hier teil, unter anderem an denen seiner Großeltern. Als Oberhausener habe man eine andere Einstellung zu diesem Friedhof, gibt er zu bedenken. Für ihn geht es um Werte und wie man damit umgehe. Deshalb könne er sich eine Anerkennung des Friedhofs als Kulturgut vorstellen. Er verweist auf die Verpflichtung, die man gegenüber seinen Vorfahren habe: »Die Würde eines Menschen endet nicht, wenn man ihn ins Grab legt.«

»Die Würde eines Menschen endet nicht, wenn man ihn ins Grab legt«
Nach diesen Ausführungen wurde das mittlerweile als Rasengrundstück angelegte Gelände, das von einer hohen Mauer umschlossen ist und mit einigen Bäumen und Büschen bepflanzt ist, besichtigt. Zwei Drittel der rund 30 Interessierten, die an diesem Samstagmorgen zu dem Vor-Ort-Termin auf den Friedhof gekommen waren, diskutierten anschließend im Sitzungssaal des alten Oberhausener Rathauses weiter. »Ein Ort der Ruhe und Besinnung«, »ein Park der Stille und Begegnung« – es herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass dieser Ort auch nach einer Umnutzung seinen Charakter behalten soll. Auch im Hinblick darauf, dass in unmittelbarer Nähe altengerechte Wohnungen entstehen sollen und die Bewohner diesen Platz nutzen.

Siegfried Benndorf hatte bereits Skizzen angefertigt, wie das Gelände aussehen könnte mit Sitzplätzen, Blumenrabatten und einem Podest, auf dem Vorlesungen und sonstige Veranstaltungen in ruhigem Rahmen ablaufen könnten.

Inge Grossmann mahnte, an die behindertengerechte Ausgestaltung des Parks zu denken. Ein Gedanke, den Günther Frick aufgriff: Keinesfalls solle das Grundstück über Kieswege zugänglich gemacht werden, sondern über Latten oder Steinplatten, die mit dem Rollator befahren werden könnten. Der Vorschlag von Claudia Will, eine Spielfläche für Kinder, etwa einen kleinen Sandkasten, mit einzuplanen, stieß auf geteilte Meinung. Erörtert wurde stattdessen die Idee einer Dokumentation über die Geschichte des Friedhofs, die vor Ort präsentiert werden könne. Auch wechselnde Fotoausstellungen könnten attraktiv sein oder Oberhausener Kleindenkmäler, die bisher noch keinen würdigen Platz gefunden hätten.

Als problematisch werteten die anwesenden Gemeinderäte und Anlieger die Parksituation. Bereits jetzt würden alle Parkmöglichkeiten von Anliegern genutzt sowie von Wanderern, die von hier aus ins Reißenbachtal aufbrechen.

Der Verwaltung wurden einige Prüfaufträge mitgegeben, beispielsweise welche rechtlichen Folgen und auch Kosten auf die Gemeinde zukämen, wenn das Landesdenkmalamt den ehemaligen Friedhof als Kulturgut ausweisen sollte. Auch den Vorschlag Susanne Kromers, hier Urnenbestattungen zu erlauben und so den Friedhof wieder seiner eigentlichen Bedeutung zuzuführen, will die Verwaltung prüfen. Außerdem soll die Inschrift auf der alten Wandtafel wieder lesbar gemacht werden.
»Wir müssen auf dem Platz etwas machen, aber behutsam«
Einige bereits beim Ortsbauamt eingegangene Anregungen wie eine Anlage eines kleinen Teiches oder von Kräutergarten und Rosenbeeten wurden als zu aufwendig und kostenintensiv bewertet. Dagegen will man den Park mit heimischem Gehölz bepflanzen. »Wir müssen auf dem Platz was machen, aber behutsam«, so Werner Neubrander von der Bürgerinitiative »Wir sind Lichtenstein«.

Bürgermeister Nußbaum zeigte sich am Ende der Veranstaltung zufrieden mit der Bürgerbeteiligung. Man sei sich einig, das Grundstück unter anderem mit neu angelegten Wegen und Sitzgelegenheiten aufzuwerten und an die Geschichte des alten Friedhofs zu erinnern. Die Vorschläge und Prüfaufträge würden Anfang 2016 im Gemeinderat öffentlich beraten, verspricht er. Nach wie vor können sich die Bürger mit weiteren Vorschlägen und Ideen zur Umgestaltung des alten Friedhofs einbringen. Ansprechpartner sind Sigrun Hinderer und Wolfgang Maier im Ortsbauamt der Gemeinde Lichtenstein. (GEA)

 --------------------------------------------------------------------------------

© Reutlinger General-Anzeiger 2015
Burgstraße 1-7 | 72764 Reutlingen | Internet: http://www.gea.de | E-Mail: gea@gea.de
Telefon: 07121-302-0 | Fax: 07121-302-677
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Reutlinger General-Anzeiger.

emptypixel.gif (43 Byte)
pfeilba.gif (56 Byte)     zurück

zum Seitenanfang     pfeilup.gif (58 Byte)

pfeilba.gif (56 Byte)     zur Hauptseite

Bericht im Original    

Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein e.V., Ludwigstraße 8, 72805 Lichtenstein