Wirtshausgeschichte(n) - Das
Traifelberghotel beherbergte in seiner kurzen Geschichte illustre Gäste
Ski-Kinderstube für Olympiasiegerin
LICHTENSTEIN. Ernst Glück, Posthalter zu
Kleinengstingen und Wirt der Gaststätte Hirsch-Post erstand am 11. März 1911 von der
Gemeinde Honau für 2 500 Mark einen 50 Ar großen Platz am Traifelberg. Bereits am 3.
Juli 1911 wurde ihm die Erlaubnis zum Betrieb einer »Gastwirtschaft in dem am Traifelberg
neu zu erbauenden Luftkurhotel auf Markung Honau und zwar in sieben Wirtschafts- und 21
Fremdenzimmern unter der Bedingung der genauen Einhaltung der allgemeinen baupolizeilichen
Vorschriften und alsbaldigen Erstellung des Gebäudes« erteilt. Die Geschichte des
Traifelberghotels hat der Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein aufgearbeitet und
stellt sie in der dritten Folge über historische Gaststätten in Lichtenstein vor.
 |
 |
Ursprünglich als
Gastwirtschaft erbaut diente das Traifelberghotel zwischenzeitlich als Entbindungsstation
und beherbergt heute ein Berufskolleg für Heilerziehungspflege. FOTO: PR |
Zum Einweihungsfest am 23. Mai 1912 wurden durch
Ansichtskarten mit umseitiger Einladung prominente Bürger und Vertreter von Stadt und
Staat sowie von Vereinen eingeladen. Eine herausragende Persönlichkeit darunter war
Präsident von Bellino (1829-1919) ehemaliger Regierungspräsident der Kreisregierung
Reutlingen.
Günstiger Standort
Der Standort auf dem Traifelberg war gut gewählt:
Verkehrsgünstig gelegen in der Nähe von Schloss Lichtenstein, den Traifelbergfelsen, der
Hauptstraße und vor allem einer Bahnstation der (Zahnrad-)Strecke Reutlingen-Ulm. Zur
Einweihung wurde das »Glückhafte Haus« mit vielen Reden und vor allem guten Wünschen
bedacht.
Die Preise für Speisen und Getränke hat Ernst Glück vom Hirsch
in Kleinengstingen übernommen. So kostete das Einweihungsmenü damals 2,50 Mark. 1915
wurde das Hotel um drei und 1932 nochmals um sechs Zimmer sowie einer Sommerhalle auf den
Kraftfahrzeugunterstellräumen erweitert.
Die Wirtschaftsberechtigung, die 1936 auf Walter und Liesel
Glück übertragen wurde, umfasste unter anderem. den »Ausschank von Wein, Bier,
Obstmost, Branntwein sowie nichtgeistige Getränke aller Art«.
Das Hotel beherbergte eine Poststation mit eigenem
Landpoststempel »Traifelberg über Reutlingen«. Pferdefreunde nutzten die Garagen als
Pferde-Unterstellplatz. Im Hotel gab es einen Erkerplatz mit Blick auf Schloss
Lichtenstein, eine Sonnenterrasse, und vor allem sei der Saal als beliebtes Festlokal
genannt.
Entbindungsstation im Krieg
Berühmte Besucher sind bekannt: darunter die deutsche
Fußball-Nationalelf, Rudolf Schock und Christel Kranz, die spätere Goldmedalliengewinnerin der Winterolympiade 1936. Sie verbrachte zwei Jahre ihrer Kindheit
(1918 bis 1920) im Hotel. Auf den schneebedeckten Hängen des Traifelberges machte sie
ihre Gehversuche auf Skiern.
Ende Juni 1944 wurde das Entbindungsheim Dr. Merth, Stuttgart, in
das Albhotel verlegt. In der Zeit vom 31. Juli 1944 bis zum 1. August 1945 erblickten dort
insgesamt 605 Kinder das Licht der Welt.
Im Jahre 1979 ist das Hotel an die Stiftung Bruderhaus
übergegangen. Nach einigen Umbauten entstand ein Berufskolleg Fachrichtung
Heilerziehungspflege der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik mit Internat.
Das ehemalige Hotel ist seither auch ein idealer Ort für
Erholungsfreizeiten aber auch für Fortbildungen und Tagungen für Mitarbeiter. (GEA) |