Denkmaltag - Führungen an Mühlen und
Wasserkraftanlagen bringen Erstaunliches ans Tageslicht
Husins Mühlen und eine tote Ratte
VON DIETER REISNER
LICHTENSTEIN.
Die vierjährige Klara blickt neugierig auf den Dreck vor sich in der
Echaz. »Kannst du die mal rausholen«, fragt sie ungeduldig Tilman
Heidemann. Der Wasserkraftanlagenbauer und Betreiber der BSU Turbine in
Unterhausen stutzt kurz und erklärt der interessierten Besucherin
freundlich, dass die tote Ratte besser doch im Wasser bleibt.
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Damit sich die großen
Turbinen ungestört drehen können, müssen ihre Besitzer den Müll
und Unrat oft kiloweise aus der Echaz fischen. FOTO:
DIETER REISNER
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Die Führungen beim Tag des
Denkmals am Sonntag bringen Erstaunliches an den Tag und verblüffen nicht
nur des Unrates wegen viele hundert Bürger. Einen Tag lang stehen
Mühlen, die Kraft des Wassers, das Bett der Echaz von der Quelle bis zum
Ortsausgang, das Hauffmuseum wie auch der Honauer Bahnhof im Mittelpunkt
des Geschehens.
Der Geschichts- und Heimatverein
(GHV), allen voran Günther Frick und Gerhard Weißschuh, bringt mit einer
Wanderung von der Echazquelle bis ins Honauer Loch, Besichtigungen der
Wasseraufbereitungsanlage der Fair-Energie sowie der Rieger-Werke, der
ehemaligen Papiermühle Vollmer, die jetzt der Albwasserversorgung gehört
und einer Ausstellung im Heimatmuseum in der Ludwigstraße
Wasser-Geschichte und -Geschichten unter die Leute.
Schließlich hat die sanfte
Energie eine lange Tradition. Im 19. Jahrhundert stand durchschnittlich
alle 300 Meter ein Mühlwerk oder eine wasserkraftbetriebene Fabrik
zwischen der Quelle an der Dobelmühle bis zur Mündung des Flusses in den
Neckar bei K'furt.
Großer Andrang
Gert Lindemann, Pressewart des
Vereins, war zufrieden mit der Resonanz. "Im Heimatmuseum hätten es
mehr sein können. Doch die Leute kommen wahrscheinlich erst an den
nächsten drei Sonntagen und nutzen heute das Angebot der offenen
Türen". So wie Marco Gass. Der künftige Lichtensteiner Gemeinderat
wandert am Morgen mit seinen Kindern sowie 30 weiteren Bürgern von der
Echazquelle zu den verschiedenen Honauer Mühlen bis zum ehemaligen Bassin
der BSU-Werke.
Gerhard Weißschuh, der seit
vergangenen Herbst im Kreisarchiv geschmökert hat, hält seinen
Gefolgsleuten eine spannende Geschichtsstunde. Schon vor 900 Jahren
spielten die "drei Mühlen zu Husin" (Hausen) eine besondere
Rolle.
Allerdings lasse sich ein
Zusammenhang aus den Archiv-Unterlagen nicht zwingend herstellen, doch der
Standort (Rieger, Haid, Bader) spreche eindeutig dafür. "Heute sind
alle Mühlen in Privatbesitz." Das allerdings verhinderte den Blick
in ihr Innenleben. Was auch Marco Gass schade findet. "Es wäre
schön gewesen, wenn man gesehen hätte, wie's da drin aussieht".
Eng geht es - ob des großen
Andrangs - bei den Riegerwerken im Johannesweg zu. Der alteingesessene
Stromerzeuger von Unterhausen produziert "Elektrizität schon so
lange es sie gibt", so Oliver Zinn. Der technische Geschäftsführer
zeigt den Besuchern die Produktionsstätte unter der Johanneskirche und
erzählt, was da so alles in den Schleusen hängen bleibt.
"Kühlschränke, Autoreifen und ein Zigarettenautomat haben wir hier
schon rausgefischt." Seit es das Dosenpfand gibt, seien wenigstens
die Büchsen seltener geworden.
Jede Menge Unrat
Bei der BSU-Turbine konnten die
Besucher vor Ort erleben, wie viel Unrat der Fluss anschwemmt. Ihnen bot
sich an der Schleuse ein richtig widerliches Bild. Abgelaufene
Lebensmittel in Tüten, schimmliges Brot, leere Flaschen, blutige
Unterhosen: Mit vor Ekel verzogenem Gesicht und Kopfschütteln standen die
Besucher am Rand der Echaz. Ein Seufzer war da aus vielen Mündern zu
hören: "Ja, ja die Zivilisation." (GEA)
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