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Reutlinger Generalanzeiger:
Pfullingen/Eningen/Lichtenstein / 22.02.2012

Reutlinger Generalanzeiger

Ortsgeschichte

Honauer Gips-Grotte - Eine Elfe kehrt zurück

Von Magdalena Kablaoui

LICHTENSTEIN. Noch immer passiert es, dass Wanderer an die Tür von Haus Sonnenfels klingeln und die Elfengrotte besichtigen wollen. Dabei wurde die aus Gips geschaffene Grotte bereits vor rund sechzig Jahren für die Öffentlichkeit geschlossen. Aber davor war sie über Jahrzehnte hinweg Ziel sonntäglicher Familienausflüge. Was hat es mit der Elfengrotte auf sich, was für eine Geschichte steckt dahinter und wo sind die Figuren geblieben?

Der Reigen der Elfen auf historischem Foto - darauf standen mal Wandersleut', die sich ins Echaztal locken ließen. FOTO: PR

»Oft ging ich abends nach heißen Sonnentagen der Echazquelle zu, um dort auf einer Bank dem Quellensprudel zuzusehen. Da stand auf einmal ein zierliches, freundlich blickendes Zwerglein vor mir. Willst du mal das Treiben der Elfen in des Berges Tiefe schauen? So komm und folge, wenn ich mit meiner Fackel leuchtend dir vorangehe.« So beginnt der Text »Mein Traum von der Elfengrotte«, den der Honauer Bildhauer Gustav Adolph Heid im Jahr 1904 in den »Blättern des Schwäbischen Albvereins« veröffentlichte.

In einer Tropfsteinhöhle, so schreibt Heid weiter, habe er den Elfenkönig gesehen, auf einem hohen Thron und an beiden Seiten von Elfen umgeben, die ihn bewachten. »Von überall kamen zierliche Elfen spielend herangeschwebt, um ihrem König zu huldigen, und dann von unten magisch beleuchtet über einem See bei sanftem Plätschern des Springquells und bei lieblichen Weisen einen Reigen aufzuführen.«

An diesen Traum habe er immer wieder zurückdenken müssen, so Heid in den »Blättern«. Die Gestalten seien unter seinen Händen entstanden und er habe nicht geruht, bis er »das ganze Bild meines Traumes sichtbar, greifbar, hörbar geschaffen und dies kann nun von jedermann bei meinem Hause gegenüber dem Bahnhof in Honau besichtigt werden«.

Entstehung der Elfengrotte

Bereits 1897 wurde die Elfengrotte erbaut, wie es in einer Chronik aus dieser Zeit heißt. Durch einen dem Haus vorgelagerten Kellereingang gelangten Besucher in einen Gang unter der Veranda des Hauses. Der Gang führt links am Haus vorbei zur Elfengrotte, durch einen weiteren Gang unterhalb der Veranda gelangte man rechts am Haus vorbei wieder in den Hof vor dem Haus. Die Elfengrotte lag also im Souterrain, in einem Anbau, der fünf Meter breit und sechseinhalb Meter hoch gewesen sein soll.

Heute ist eine Zwischendecke eingezogen. Der große, halbrunde Raum wird als Aufenthalts- und Essraum für die Gäste von »Haus Sonnenfels« genutzt. Als die jetzige Besitzerin Renate Duchesnes vor genau 40 Jahren das Haus bezog, sei die Grotte bereits zusammengefallen, die Gipsaufbauten, die die Stalaktiten und Stalagmiten darstellten, vermodert, die rund zwanzig etwa einen Meter großen Figuren verschwunden gewesen.

Wie man sich das Szenario, dem wohl nicht nur der Traum des Bildhauers Heid, sondern vor allem die Sage vom Elfenkönig Oberon zugrunde liegt, vorzustellen hat, davon berichtet die alte Chronik: "Vor dem Besucher breitet sich ein kleiner See aus, in den sich ein plätschernder Springbrunnen ergießt. Auf einem inselartigen Aufbau thront der Elfenkönig Oberon, umgeben von seinem Hofstaat; unten am See schlingen zierliche Elfen einen Reigen und ringsum ist die Szenerie durch hübsche Elfengruppen belebt; in dem perspektivisch sich öffnenden Hintergrund leuchtet der Berggeist mit seiner Fackel.

Gelungen nachgeahmte Tropfsteingebilde zieren die Decke der Grotte, sodass wir uns in eine natürliche Tropfsteinhöhle versetzt glauben. Über das Ganze ergießt sich magisches Dämmerlicht, ganz dazu angetan, der Fantasie einen lockenden Gedankenpfad ins Märchenreich zu bahnen." Der unbekannte Autor fügt hinzu: "Niemand, der in diese Gegend kommt, sollte den Besuch dieser wirklich sehenswerten Grotte versäumen."

Bis Mitte der Fünfzigerjahre muss die Elfengrotte - die übrigens entgegen den Angaben des Bildhauers und der Chronik nicht auf Honauer Gebiet liegt, sondern im Ortsteil Oberhausen, auch wenn der sogenannte Honauer Bahnhof in der Elfengrottenstraße unmittelbar gegenüberliegt - ein Publikumsmagnet gewesen sein. Heutzutage kaum vorstellbar, dass eine derart manierierte Szenerie so viele Menschen anzog. Doch der Zeitgeschmack war damals ein anderer.

Ein Blechschild mit einem Oberon, der eher einem Kobold ähnelt als dem Elfenkönig, wies den Besuchern den Weg zur Elfengrotte. Heute befindet es sich im Museum des Geschichts- und Heimatvereins in Unterhausen.

Oberon wurde gestohlen

Vom Bildhauer Gustav Adolph Heid ist heute kaum noch etwas bekannt. Lediglich, dass er für die Echazquelle schon 1895 eine »Echaznixe« schuf, ganz ähnlich den späteren Elfen. Doch die vom Verschönerungsverein gestaltete Anlage an der Quelle wurde später zerstört, vermutlich mitsamt der Nixe.

Lange Zeit herrschte Unklarheit über das Schicksal der Elfen und des Oberon aus der Grotte. Lediglich eine einzige Elfe - das Mädchen links neben Oberon - schien gerettet. Stark beschädigt wurde sie dem Geschichts- und Heimatverein übergeben.

Dessen Vize-Vorsitzender Günther Frick nahm sich ebenso kundig wie liebevoll der Figur an, deren rechter Arm abgebrochen ist. Heute kann sie in einer Vitrine in den Museumsräumen bewundert werden.

Purer Zufall war es, dass im vergangenen Jahr - während einer Führung in der Olgahöhle - und im Gespräch über die Elfengrotte sich Steffen Krämer daran erinnerte, dass er als Kind dort gerne gespielt hatte. Eine Zeit lang hatte das Haus in der Elfengrottenstraße nämlich seinen Großeltern gehört. Besonders gut kann er sich daran erinnern, wie das Sonnenlicht durch die bunten Fenster brach und die Figuren »in furchtbar kitschige Farben« tauchte.

Später wurde das Haus verkauft, zumindest einige der Figuren sind in der Familie geblieben. Zwei Elfen, so erzählt er, liegen bei seinem Bruder in Reutlingen auf dem Dachboden, eine allerdings ohne Kopf. Eine weitere Figur hat ein nach Amerika ausgewanderter Verwandter mitgenommen. Der Oberon schließlich, die schönste Figur, habe bei den Eltern im Garten gestanden und sei eines Nachts gestohlen worden.

Zumindest eine Elfe wird nun nach Lichtenstein zurückkehren. Während der Aktion »Kunst im Tuffsteinkeller« im September soll die einzig komplett erhaltene Elfe aus Reutlingen dann in der Olgahöhle zu sehen sein. (GEA)


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