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Reutlinger Nachrichten / Südwestpresse:
Aus Stadt und Kreis Reutlingen / 02.12.2003

Reutlinger Nachrichten - Südwestpresse

MUNDART / Geschichts- und Heimatverein präsentiert das Programm "Heimatland aber au"

High-Speed mit dem Süßen segeln

Kultur in Schwaben: Vom Bodensee-Rap bis zur Literaturkritik

Beurkundet und beglaubigt haben sie es, die Jungs von der Gillenbach Street Band: Sie sind die beste Speed Dixie Band in Baden Württemberg! Allerdings auch die Einzige.

KARIN LOBER

UNTERHAUSEN Der Saal war voll, die Veranstaltung ausverkauft. Der Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein konnte 200 Besucher zählen, die das Programm des Ravensburger Maulartkabaretts sehen wollten.

Dirty Little Gillenbach Street Band zu Gast beim Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein (Foto: Karin Lober) emptypixel.gif (43 Byte) Großer Auftritt in Unterhausen: Die Mitglieder der "Dirty Little Gillenbach Street Band" wissen: "Du musch brutal guat aussäha und gscheit sei", um es zu was zu bringen. FOTO: KARIN LOBER

Die Truppe kam ohne Manfred Hepperle, der nicht mehr auf Tournee geht. Dafür waren die Musiker der Dirty Little Gillenbach Street Band dabei. Und die sorgten für musikalischen Schwung und für zahlreiche Lacher.

Apropos Musik - die wurde an diesem Abend in einem maximalem Speed und halsbrecherischem Affentempo serviert.
     Logischerweise muss ein Speed Dixie Musiker also sein Instrument ganz rasant bedienen können. Das genügt aber noch nicht. Die Messlatte liegt höher. Posaunist Rudi Hämmerle weiß es genau: Ein Speed-Musiker muss "brutal guat aussäha und bsoders gscheit sei". So wie er halt. Und so wie seine Bandkollegen.
     Bei den Gillenbach Jungs läuft also alles prächtig. Einen Karriereknick allerdings mussten sie schon verkraften. Bei einer Veranstaltung der CDU wurden sie davongejagt. Warum, dass ist den Gillenbach Jungs noch heute ein Rätsel. Sie wollten es doch besonders gut machen. Haben extra ein Lied älteren Datums ausgewählt, um dem etwas betagterem Publikum gerecht zu werden. Der Titel: "Du schwarzer Zigeuner".

Wenn die Musiker Pause machten, dann hatten Gabi Walser und Wolfgang Engelberger ihren Auftritt. Da wurde ausführlich über die nicht anwesende Nachbarin gelästert, die "ausländisches Lumpazoigs in ihrem Garten anbaut" und auch noch Vegetarierin ist. Kein Wunder also, dass sie "bloich, wie a aufgebahrter Bischoff aussieht".
     Oder die beiden kriegen sich als Ehepaar in die Wolle, als es darum geht ein Bild aufzuhängen. Der Mann vermisst dabei schmerzlich die Wasserwaage. Frau kommentiert: " Warum willsch Du wissa, was des Bild wiegt?"
     Stark die Parodie von Wolfgang Engelberger über Marcel Reich-Ranicki. In der Rolle des Kritikerpapstes gibt er eine detaillierte Literaturrezension über "Die Fischerin vom Bodensee" zum Besten. Ein Werk, "das lange Zeit zu Unrecht verschmäht und in die Nähe des Kitsches gerückt wurde". Ein Werk, das von unfähigen Leuten verkannt werde, "die den Präsens nicht von einem Präservativ unterscheiden können". Dabei zeugt es doch " von barocker Lebensfreude" und ist von einer "feinsinniger Symbolik durchwoben".
     In einem weiteren Solo sinniert Engelberger über das Faible der Schwaben fürs Heimwerken und die Kultur. Das Kulturelle stecke ja , historisch bedingt, tief in jedem Schwaben. Schließlich hat man ja Schiller und Hölderlin und Uhland und Dieter Bohlen. Das Publikum interveniert. "Dieter Bohlen is koi Schwob? - nomol Glück ghet".

Zwischen den Sketchen freut sich das Publikum immer wieder über die beschwingten Lieder der Gillenbach Musiker. Die haben das Publikum bestens im Griff. Da wird geschnippt und geklatscht was das Zeug hält. Bandleader Hämmerle allerdings bittet die Osteoporose-Kranken nicht mitzuschnippen. Denn bei denen kracht das immer zweimal und das bringt dann den ganzen Sound durcheinander.
     Wenn die Musiker dann "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen" in einem irrsinnigen Tempo präsentieren, ist klar: Bei diesem Speed hätte selbst die Segler von der Alinghi keine Chance.
     Trotzdem sind die Musiker nicht besonders gut gebucht. Bandleader Hämmerle überlegt, ob es vielleicht an den geänderten Vertragsmodalitäten liegen könnte. Statt Geld kassieren die Jungs neuerdings ihre Gage in Naturalien. Sie bleiben lieber zum Essen und Trinken.

Zum Schluss die Zugabe von Engelberger. Als cooler Rapper mit schriller Kopfbedeckung ermahnt er den Geschichtsverein auch für die neue Musikgeschichte offen zu sein. Und dann rappt er was das Zeug hält: "Am Bodensee da herrscht der Nepp, wer da noch nicht war, ist ein Depp."

Erscheinungsdatum: Dienstag 02.12.2003

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Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein e.V., Ludwigstraße 8, 72805 Lichtenstein